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Johannes Putz

Es schneit. Ein halber Meter dürfte schon liegen. Um uns herum ein halbes Dutzend Autofahrer, die murrend Schneeketten anlegen. An die haben wir klischeehaften Städter natürlich nicht gedacht, also stehen wir neben dem Auto und halten Ausschau nach dem silbergrauen Shuttlebus, der uns hinauf aufs Hochkar bringen soll.

Früher war die Straße hier noch mautpflichtig, doch seit dieser Saison haben alle Autos – jedenfalls die mit Schneeketten – freie Fahrt. Oder fast. Zwei junge Burschen sind zum Schneeschaufeln aus einem der Häuser an der Straße gekommen. Sie schaufeln den Schnee aus dem Vorgarten, und es entsteht eine kniehohe Barrikade, quer über die Fahrbahn. Die Autos mit tschechischen, ungarischen und österreichischen Kennzeichen weichen dem Schauspiel im großen Bogen aus. Keiner hupt.

Seit den 60er-Jahren ist das Skigebiet am Hochkar in Betrieb. Damals begegneten die Wiener hier einander am Wochenende auf der Piste, nicht wenige verbinden Erinnerungen an den Schulskikurs mit dem Berg. Aber Zeiten, Wirtschaftslage und Freizeitgestaltung ändern sich, und über die Jahre ebbte der Verkehr auf der Alpenstraße immer mehr ab. 2012 schließlich schlitterte das Skigebiet in den Konkurs.

Doch die neuerdings mautfreie Straße und die Autos mit den unterschiedlichsten Kennzeichen, die sich ihre Serpentinen hinauf schlängeln, sind die ersten Anzeichen dafür, dass es sich hier noch lange nicht ausgewedelt hat. Im Gegenteil. Es gibt neues Leben auf dem Hochkar, und verantwortlich dafür ist vor allem ein Mann: Johannes Putz.

Doch die neuerdings mautfreie Straße und die Autos mit den unterschiedlichsten Kennzeichen, die sich ihre Serpentinen hinauf schlängeln, sind die ersten Anzeichen dafür, dass es sich hier noch lange nicht ausgewedelt hat. Im Gegenteil. Es gibt neues Leben auf dem Hochkar, und verantwortlich dafür ist vor allem ein Mann: Johannes Putz.

Ständig wuseln Mitarbeiter um ihn herum und tragen ihm ihre Anliegen vor. Dazwischen macht er ein wenig Smalltalk mit den Gästen oder räumt Teller ab, wenn die Kellnerin gerade nicht da ist. Und natürlich beantwortet er „am besten jetzt gleich“ ein paar Fragen.

Was verbindet Sie mit dem Hochkar?

Ich bin hier aufgewachsen und mit dem Berg groß geworden. Die Vorbesitzer waren meine Tante und mein Onkel, die das alles hier geleitet haben. Und der Großvater, also eigentlich der Vater meiner Tante, war Ende der 60er-Jahre der Pionier. Er hat das Skigebiet entwickelt und groß gemacht. In meiner Kindheit und Jugend bin ich fast jeden Tag auf den Skiern gestanden. Rennen bin ich auch gefahren. Und später habe ich das Hobby zum Beruf gemacht, bin Skilehrer und Trainer geworden. Jetzt bin ich schon 23 Jahre hier am Berg tätig.

Als Sie hier groß geworden sind – war da auf den Pisten noch mehr los?

Natürlich hat das Skifahren schon bessere Zeiten gesehen. Damals war hier wirklich sehr viel los. Das Hochkar war ja immer der Berg Nummer eins in Niederösterreich, und ist es vom Gelände her auch heute noch.

Warum sind dann auf einmal die Gäste ausgeblieben?

Da spielen sicher viele Faktoren eine Rolle. Einerseits ist das Skifahren einfach nicht mehr der Breitensport, der es einmal war. Es ist halt auch nicht der billigste Sport. Dann ist da noch die Wirtschaftskrise dazu gekommen. Und außerdem hat es in den letzten Jahren ein paar Winter gegeben, die vom Wetter her nicht optimal waren.

Wie das? An Schnee scheint es hier ja nicht zu mangeln.

Das ganz sicher nicht. Wir sind glücklich, dass wir so viel Schnee haben. Es hat Jahre gegeben, da hatten wir 13 bis 15 Meter. Da weiß man dann, was Winter ist. Aber in den letzten Jahren war auch in den Tallagen sehr viel Schnee, und da hat sich alles verteilt. Dazu gibt es immer mehr andere Angebote: die Therme, den Urlaub in der Ferne. Das alles zusammen hat den Ausschlag gegeben.

Und jetzt haben Sie das Heft in der Hand?

So würde ich es nicht unbedingt ausdrücken. Vor elf Jahren habe ich die JoSchi-Bar beim Skischul-Lift gegründet, und durch die unglückliche Situation mit dem Konkurs gab es die Möglichkeit, weitere Betriebe zu übernehmen. Mein Bruder und ich haben dieses Haus gekauft, im zweiten Jahr haben wir noch zwei Freunde dazu genommen und es zu einem Vier-Sterne-Betrieb ausgebaut.

Das Sporthaus Hochkar, direkt neben den Skiliften, hat im Dezember 2013 wieder eröffnet. Jetzt heißt es JoSchi Sporthaus – nach dem Vorbild der JoSchi Bar. Und fährt man hinauf zur Bergstation, kann man auch noch im JoSchi Berghaus einkehren, dem ehemaligen Geyschlägerhaus. JoSchi setzt sich zusammen aus „Johannes“ und „Schifahren“, erklärt Johannes Putz. So hat er dem Skigebiet seinen Stempel aufgedrückt.

Wir bekommen eine Führung durch das renovierte Sporthaus. Hier das Restaurant, dort die Zimmer, da die Lounge, drüben der Skiverleih. Alles neu. 2,3 Millionen Euro hätten sie in das Projekt investiert. Ein (JoSchi) Mitarbeiterhaus werde davon aber auch noch gebaut.

Was gibt Ihnen Zuversicht, dass sich die Investitionen auszahlen?

Ich glaube an diesen Standort, weil er einfach alles hat, was man braucht. Wir haben das Riesenglück, in Stadtnähe zu sein. Und Tschechien, Ungarn oder die Slowakei sind ja auch nicht weit. Hier gibt es großes Potenzial, das noch gar nicht ausgenützt ist. Aber soweit hat sich auch alles sehr positiv entwickelt. Und das, obwohl wir bisher kaum Werbung gemacht haben.

Was ist übrig vom alten Haus, wie Sie es in Erinnerung haben?

Das Haus ist Mitte der Siebziger gebaut worden, als ich noch ein Kind war. Mein Onkel und meine Tante haben es betrieben. Und ich bin immer ein- und ausgegangen, durfte dann mitarbeiten und alle Bereiche kennen lernen. Vom alten Haus ist nur die Grundsubstanz stehen geblieben. Es wurde innen ausgehöhlt, das Erdgeschoss und der erste Stock sind komplett erneuert. Ein paar Details von früher sind aber noch da. Dieser Holzrahmen hier hat zum Beispiel keine Funktion. Er erinnert nur an das alte, bestehende Haus.

Wir gehen vor die Tür, um uns das Haus von außen zeigen zu lassen. Binnen 30 Sekunden bilden sich Schneemützchen auf unseren Köpfen. Heut’ ist wieder so ein richtiges Hochkarwetter, sagt eine Frau zu Johannes Putz, als sie bei der Tür heraus kommt. Wie mit allen Gästen, plaudert er auch mit ihr ein paar Minuten, während wir daneben stehen und uns den Schnee von den Köpfen wischen.

Ob er sich denn vorstellen könne, dass es hier einmal kein Skigebiet mehr gibt, fragen wir. Johannes Putz schüttelt den Kopf. „Wo hat man denn sonst in Niederösterreich so ein alpines Gelände? Und wo sonst kann man mit dem Lift über die Baumgrenze fahren und einen Ausblick bis nach Tschechien haben?“ Er sei schon sehr lange hier am Berg und er werde auch hier bleiben und alles fortführen. Wie in den Namen seiner Projekte sind Johannes Putz und das Skifahren am Hochkar jetzt untrennbar verbunden.