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Andreas Buder & Walter Friedl

Lackenhof am Ötscher ist nicht nur eines der größten, sondern auch eines der ältesten Skigebiete Niederösterreichs. Der erste Lift wurde hier bereits 1963 errichtet, ein Einersessellift auf den Großen Ötscher. Im selben Jahr kam Walter Friedl auf die Welt, der seit 26 Jahren Betriebsleiter in Lackenhof ist. „Aber mich gibt’s noch, den Lift ned.“ Der alte Lift, der in den ersten Jahren übrigens nur im Sommer in Betrieb war, wurde längst durch einen Doppelsessellift ersetzt. Im Lauf der Zeit wurde das Skigebiet nach und nach ausgebaut, heute stehen in Lackenhof insgesamt drei Sesselbahnen und drei Schlepper zur Verfügung.

Walter Friedl ist in Lackenhof aufgewachsen, aber er hat auch schon die Welt gesehen. Als Jugendlicher ging er nach Hamburg, um Schiffsbetriebstechnik zu lernen; danach fuhr er eine Zeitlang im Maschinenraum von Hochseefrachtern über die Meere. Der Traumberuf aber war das nicht: „Mit einem Containerschiff gehst du um drei in der Früh in den Hafen rein, dann wird aus- und eingeladen, und nach vier, fünf Stunden musst du schon wieder raus“, erzählt er. „Von der Stadt siehst du gar nichts. So ein Schiff ist wie ein Gefängnis, das hat mir nicht getaugt.“

In Lackenhof fühlt sich Friedl deutlich wohler, obwohl es auf manchem Schiff mehr Geschäfte gibt als in dem Dorf am Fuß des Ötschers. „Wenn ich zum Friseur will, muss ich zwölf Kilometer nach Lunz fahren.“ Die Infrastruktur im Ort lässt zu wünschen übrig, bis auf einen Nah&Frisch-Laden ist da nichts mehr. „Viele sind abgewandert, ich bin mittlerweile einer der Jüngsten hier.“ Größter Arbeitgeber in Lackenhof ist die Liftgesellschaft, Walter Friedl hat dort anfangs als „Liftler“ in der Wintersaison gejobbt und ist irgendwann hängengeblieben.

Rund um die Uhr

Seit 1994 ist er Betriebsleiter, und das ist ein Ganzjahresjob. Im Sommer stehen Revisionsarbeiten an, wobei es immer aufwendiger wird, die Sicherheitsvorschriften einzuhalten. „Das macht natürlich Sinn, aber die Auflagen sind fast nicht mehr zu bewältigen“, sagt Friedl. „Bei der Sesselbahn auf den Kleinen Ötscher zum Beispiel müssen wir die Rollenbatterien auf den Stützen alle sechs Jahre komplett abbauen, alles zerlegen und überprüfen. Wenn die einmal herunten sind, siehst du erst, wie groß die sind.“

Im Winter ist der Betriebsleiter dann praktisch rund um die Uhr im Dienst. Nicht selten wird Walter Friedl mitten in der Nacht aus dem Bett geholt. Meistens geht es um die Beschneiung, denn die dafür nötigen Minusgrade hat es halt gern in der Nacht – und man weiß nie genau, wann es so weit ist. Wobei: Das Thermometer ist nicht das einzige Kriterium. „Das Beschneien ist von drei Faktoren abhängig: von der Lufttemperatur, von der Luftfeuchtigkeit und von der Wassertemperatur“, erklärt Friedl. Für alle drei Werte gilt: je niedriger, desto besser. „Wenn das Wasser drei Grad hat und die Luftfeuchtigkeit bei 30 Prozent liegt, dann bringe ich sogar bei einer Lufttemperatur von zwei Grad plus wahrscheinlich noch was z’samm. Bei 100 Prozent Luftfeuchtigkeit und acht Grad Wassertemperatur brauche ich über vier Grad minus gar nicht anzufangen.“

Der Ort liegt in einem Talkessel, in dem sich kalte Luft sammeln kann, und ist daher relativ schneesicher. Trotzdem war Lackenhof eines der ersten Skigebiete in Niederösterreich, die künstliche Beschneiung einsetzten. Seit 1994 kommt der Schnee am Kleinen Ötscher nicht mehr nur vom Himmel; in der anderen Hälfte des Skigebiets, am Großen Ötscher, ist man nach wie vor auf Naturschnee angewiesen.

Echter Schnee schadet aber generell nicht, im Gegenteil. „Mit Naturschnee ist die Beschneiung viel effizienter, der Kunstschnee bindet dann ganz anders“, erklärt Walter Friedl. Er weiß aber auch, dass Maschinenschnee mehr aushält als der natürliche; von den Snowboards und den Carvingskiern würden die Pisten stärker beansprucht als früher. „Die Leut’ können mit Neuschnee auch nicht mehr wirklich was anfangen“, sagt der Betriebsleiter. Alles muss immer perfekt präpariert sein, die Pisten sollen möglichst den ganzen Tag lang glatt wie eine Tischplatte sein, kein noch so kleiner Schneehaufen darf sich auftürmen. Dass das bei Schneefall ein Ding der Unmöglichkeit ist, wird nicht akzeptiert. Manche beschweren sich sogar, dass tagsüber nicht präpariert wird. „Dass das viel zu gefährlich wäre, verstehen sie nicht.“

Tatsache ist aber auch, dass es nur mit Naturschnee in Lackenhof kaum noch ginge. Wie das wäre, kann man ja am Großen Ötscher sehen. „Ich bin jetzt den sechsten Winter da, und nur voriges Jahr hatten wir mehr oder weniger durchgehend Vollbetrieb“, sagt der Geschäftsführer Andreas Buder. „Ohne Beschneiung wäre das Risiko zu groß. Da überstehst du in den seltensten Fällen eine Wärmeperiode oder das gefürchtete Weihnachtstauwetter.“

Zwei Berge, zwei Charaktere

Der 39-jährige Buder war Skirennläufer, Spezialdisziplin Abfahrt. 1998 war er Juniorenweltmeister, sein größter Erfolg im Weltcup war der zweite Platz in Bormio 2007. Buders Karriere war von schweren Verletzungen beeinträchtigt, im Jänner 2011 beendete er deshalb seine Laufbahn. Zwei Jahre später übernahm er die Geschäftsführung in Lackenhof. Buder stammt aus dem nahe gelegenen Göstling an der Ybbs, sein Hausberg ist also eigentlich das Hochkar. Früher waren die beiden benachbarten Skigebiete Konkurrenten, jetzt sind sie Schwesterbetriebe; beide werden von der Schröcksnadel-Gruppe und vom Land Niederösterreich betrieben, die Liftkarten sind in beiden Skigebieten gültig.

„Das Hochkar und der Ötscher haben komplett unterschiedliche Charaktere“, findet Andreas Buder. „Für den Gast ist das ein attraktives Angebot, wenn du zwei Berge hast, auf denen du ganz verschiedene Sachen erleben kannst. In Lackenhof hast du lange, auch steile Abfahrten, und du bist dem Wetter nicht so ausgesetzt wie am Hochkar. Und wenn du am Hochkar einen schönen Tag erwischst, ist das eine Atmosphäre, wie du sie sonst nur weit im Westen hast. Beide Skigebiete haben Vor- und Nachteile, insgesamt kann die ganze Region von dem Angebot profitieren.“

Während Andreas Buder relativ neu in seinem Job ist, sind es bei Walter Friedl nur noch fünf Jahre bis zur Pension. Ob er dann in Lackenhof bleiben wird, weiß er noch nicht. Einerseits gefällt es ihm hier, besonders im Sommer. „Das Wandern ist lässig da.“ Andererseits wäre ein bisschen Infrastruktur im Alter vielleicht ganz praktisch, weshalb er überlegt, auf seine alten Tag’ doch noch in die Stadt zu ziehen. „Wobei ich damit so was wie Waidhofen an der Ybbs meine, das ist mir schon Stadt genug.“ Noch ist es nicht so weit. Noch muss Walter Friedl im Winter jede Nacht damit rechnen, dass er aus dem Bett geholt wird, wenn der Schnee ruft.